Biologie der Sinne by Stephan Frings & Frank Müller
Autor:Stephan Frings & Frank Müller
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783662583500
Herausgeber: Springer Berlin Heidelberg
7.5.9 Ganglienzellen sind neuronale Filter
In der Retina des Menschen haben die meisten Ganglienzellen die bereits beschriebenen rezeptiven Felder mit Zentrum und antagonistischem Umfeld. Man unterscheidet vor allem die M-Zellen, die 5–10 % aller Ganglienzellen repräsentieren, und die P-Zellen, die 80–90 % der Ganglienzellen ausmachen (◘ Abb. 7.51). Sowohl P- als auch M-Zellen gibt es als AN- und AUS-Zellen. (M steht für magno = groß, P für parvo = klein.) In der Tat sind die Dendritenbäume der M-Zellen an jedem Retinaort etwa dreimal so groß wie die einer P-Zelle, was bedeutet, dass auch ihr rezeptives Feld entsprechend größer ist. Auch funktionell unterscheiden sich P- und M-Zellen. P-Zellen sind wegen ihrer kleinen rezeptiven Felder besonders gut für hochauflösendes Sehen, etwa das Lesen, geeignet. Da die Buchstaben auf hellem Grund dunkel sind, sind es vor allem die AUS-Zellen unter den P-Zellen, die Ihnen das Lesen dieses Buches ermöglichen. In der Fovea erfolgt die Verschaltung 1:1, deshalb erhält eine P-Zelle in ihrem Zentrum nur Eingang von einem Zapfen. Die P-Zelle ist die private Telefonleitung des Zapfens, von der wir schon gesprochen haben. Das rezeptive Feld einer P-Zelle in der Fovea ist dementsprechend sehr klein. P-Zellen reagieren auf starke Kontraste und feuern bei Erregung lang anhaltende Salven von Aktionspotenzialen in das Gehirn. Die M-Zellen sind wegen ihrer großen rezeptiven Felder für feine Aufgaben wie das Lesen weniger gut geeignet. Sie dienen vor allem als Alarmsystem, denn sie reagieren auch auf Reize mit schwachem Kontrast sowie auf bewegte Reize. Sie melden in kurzen Salven von Aktionspotenzialen schnell jede Art von Veränderung an das Gehirn.
Abb. 7.51P- und M-Ganglienzellen unterscheiden sich in ihren Eigenschaften. P-Zellen haben kleine rezeptive Felder und feuern bei Reizung lang anhaltende Salven von Aktionspotenzialen. P-Zellen erlauben es uns, feine Details aufzulösen. M-Zellen haben größere rezeptive Felder als P-Zellen und feuern nur eine kurze Salve von Aktionspotenzialen. Sie dienen dazu, uns auf neue Reize aufmerksam zu machen, und spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, den Ort und die Bewegung eines Objekts zu bestimmen. Sowohl P- als auch M-Zellen kommen als AN- und AUS-Zellen vor. (© Frank Müller, Forschungszentrum Jülich)
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